
Gerade erst hat die Stadt Essen die Vorauswahl zur Grünen Hauptstadt 2017 gewonnen, da holt sie die finanzielle Realität wieder ein: Die Essener Verkehrs-AG muss aktuell über Serviceeinschränkungen und Vermögensverkäufe nachdenken, um liquide zu bleiben. Forderungen nach Einschnitten in den Nahverkehrsplan, die die veränderten finanziellen Rahmenbedingungen berücksichtigen, sind schon erhoben worden. Solche Einschnitte hätten erhebliche Auswirkungen auf die Menschen, die in unserer Stadt leben und arbeiten. Die Attraktivität des Standortes Essen würde leiden und die Durchführung bedeutender Projekte, etwa unsere Bewerbung um den Titel Grüne Hauptstadt 2017, wären gefährdet, warnt SPD-Fraktionsvize Wolfgang Weber, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der EVAG ist.
Nicht nur für diese Bewerbung, sondern vor allem im Sinne der Essener Bevölkerung, habe die Politik sich dazu entschlossen, den ÖPNV-Anteil am Essener Gesamtverkehr von derzeit etwa 19 Prozent bis 2035 auf 25 Prozent zu steigern. Eine nun in der Diskussion stehende Taktausdünnung oder Linienstreichung stelle dieses Ziel in Frage. Damit werde auch eine wesentliche Säule der Bewerbungsschrift ins Wanken gebracht. Vor allem aber werde ein wesentlicher Teil der städtischen Daseinsvorsorge in nicht hinnehmbarem Umfang beschnitten. Die EVAG transportiert Tag für Tag gut 300.000 Menschen durch unsere Stadt. Schüler, Arbeitnehmer, Rentner, Familien die können sich nicht alle den Umstieg aufs eigene Auto leisten. Abgesehen davon würden unsere Straßen den Verkehr auch gar nicht aufnehmen können, führt Wolfgang Weber aus.
Gleichzeitig sei schon heute absehbar, dass Kürzungen im Nahverkehrsplan zwar enorme Auswirkungen auf die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger haben, nicht aber auf die Finanzsituation der EVAG. Auch mit deutlich beschnittenem Angebot werde sich am städtischen Zuschussbedarf wenig ändern. Das wäre auch gar kein Problem, wenn nicht jetzt plötzlich und ohne jede Vorwarnung bisher geltende Regeln unter Zuhilfenahme falscher Zahlen gekippt würden. Die Stadt ist vertraglich zur Deckung des EVAG-Defizits verpflichtet und aus dieser Verantwortung will sich der Kämmerer offenbar herausstehlen, nachdem es im Gesamthaushalt eng wird, so Wolfgang Weber weiter.
Wir wollen damit kein Tabu um den Nahverkehrsplan aufbauen, müssen diesen Aspekt aber in den weiteren Diskussionen mitbedenken. Zu einer ehrlichen Debatte gehört es dazu, alle absehbaren Auswirkungen einer Entscheidung zu benennen und in seine Entscheidung einfließen zu lassen, erklärt SPD-Fraktionschef Rainer Marschan. Wer den Nahverkehrsplan ausdünnen wolle, müsse daher auch erklären, welche Folgen dies für die Essenerinnen und Essener sowie die strategischen Ziele der Stadt habe. Wer nach der Abwägung zum Urteil komme, den ÖPNV-Anteil wie geplant zu steigern, müsse das hierzu notwendige Geld dauerhaft bereitstellen. Insgesamt kommen wir wohl nicht mehr um eine Priorisierung der Dienstleistungen von Stadtverwaltung und Konzerntöchtern herum. Das Geld reicht nicht mehr für alle heutigen Angebote, so Rainer Marschan.